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Daniel_Enderli
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Einleitung


Nach über 20 Jahren Praxiserfahrung in SAP Projekten sehe ich, dass sich auch im SAP Ökosystem ein Wandel von Generationen von Mitarbeitern und deren Arbeitsweise bemerkbar macht. Wir leben in einer VUCA Welt, in der Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft, Technologie und ganzen Geschäftsmodellen in immer schnelleren Zyklen auf uns alle zukommen. Diese Herausforderung ist mit etwas Verzögerung auch im SAP Umfeld zu beobachten. Kurz und prägnant formuliert geht es darum den "Spagat zwischen Stabilität und Agilität" zu meistern.

In diesem Blogbeitrag möchte ich diesen Wandel, die Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze etwas genauer betrachten und einige meiner Gedanken mit der Community teilen.

 

Das VUCA Modell


Sehr gut zu dieser Ausgangslage passt das VUCA Modell. VUCA steht für die Begriffe Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity (auf Deutsch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit).

Innerhalb dieser vier Spannungsfelder sind alle Mitarbeiter gefordert, Annahmen zu treffen und diese immer wieder neu zu justieren. Vieles ist nicht mehr weit im Voraus planbar, wobei vermehrt die Antwort „wir wissen es nicht genau“ die richtige Antwort zu sein scheint.


VUCA Modell


Source: (Bennett & Lemoine, 2014)

 

Herausforderung 1: Die Komplexität


Die Komplexität in SAP Projekten ist meines Erachtens die wohl grösste Herausforderung. Die weitreichenden Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen SAP Modulen, Das Customizing, die Entwicklung und zu guter Letzt die ganze technische Komplexität, die den unteren Teil des Eisberges darstellen sind stellen eine enorme Herausforderung dar. Jedes dieser Bereiche benötigt vertieftes und langjähriges Expertenwissen. Nur durch viel Praxiserfahrung bleibt ein solcher Bereich beherrschbar.

 

Ratschlag und Weisheit 1 zur Komplexität


Die Via Negativa: Die Griechen, Römer und mittelalterlichen Denker hatten einen Namen für die Reduzierung der Komplexität «Der negative Weg», «der Weg des Verzichts», «Weglassen», «Reduzieren».

Also ist der Ratschlag klar: Dinge weglassen, in Releases und Etappen denken. Auch Rom wurde nicht in einem Tag gebaut.


Via Negativa


Source: Römische Strasse aus https://www.ausflugsziele.ch/ausflug-3/roemische-strasse-der-historische-weg-des-montecenerino

Übrigens stammt das Bild von einem wunderschönen Ausflugsziel: Römische Strasse: Der historische Weg des Montecenerino Link

 

Herausforderung 2: Das Vorgehen


Wir alle tendieren gemäss Evolutionstheorie dazu Dinge so zu tun, wie wir sie schon immer getan haben. Das gibt uns Sicherheit, Vertrautheit und wir müssen unsere Komfortzone nicht verlassen und etwas Neus, mit Unsicherheiten behaftetes ausprobieren. Aber die Welt hat sich verändert. Wir leben in einer VUCA Welt. Vergesst das Schreiben von monströsen, ultragrossen Blueprint Dokumenten, die niemand liest und versteht ausser dem Autor selbst. Vergesst alles von Anfang an komplett durchzudenken und durchzuspezifizieren. Bis zur Realisierung hat sich die Welt und allem voran die Technologie derart verändert, dass die Ausgangslage und die Annahmen aus dem monströsen, ultragrossen Blueprint obsolet geworden sind. Viel besser ist, das was wir jetzt wissen in kleine User Stories zu schreiben, die im Falle von Veränderungen leicht angepasst werden können. Vielleicht hilft es auch zu fragen, wer die zukünftige Generation von Anwender ist oder sein wird, wie diese Generation arbeiten will und was deren Anforderungen an ein Projekt von durchschnittlich 2 Jahren sind. Da scheint mir auf jeden Fall besser anstatt es blind so zu tun, wie es die letzten 20 Jahre funktioniert hat. Das ist keine Garantie für die Zukunft.

Hier braucht es den Mut zu sagen «Warum nicht». Auch im Wasserfall war irgendeinmal ein Projekt das Erste und durch Erfahrung und Anwendung in der Praxis hat sich das Wasserfall Modell weiterentwickelt. Warum nicht jetzt das nächste Projekt nach agilem Projektvorgehen wie Scrum oder SAFe durchführen. Einfach den «Default Wert» für das Projektvorgehensmodell auf Agile umstellen. Übrigens der Default Wert beeinflusst unsere Entscheidungen viel mehr als wir denken. Das hat sich die moderne Wirtschaft und das Marketing schon längst zu Nutze gemacht. Mehr zum Default Wert unter https://de.wikipedia.org/wiki/Default-Effekt

Und noch eine Unsicherheit kann ich entschärfen: Im Jahr 2021 gehört man mit einer agilen Vorgehensweise nicht mehr zu den «Early Adopters». Es gibt genügend Erfahrungswerte, Trainings und Knowhow zu dieser Vorgehensweise.


SAP Activate / Agile


Source: SAP

 

Ratschlag und Weisheit 2 zum Vorgehen



  • Keine Angst, Angst ist ein schlechter Begleiter.

  • Den Default Wert auf Agile umstellen.

  • Lernen.



Default Value


Source: Eigene Darstellung

 

Herausforderung 3: Die Arbeit in kleine Häppchen aufteilen


Eine weitere scheinbar angeborene Eigenschaft ist, Entwicklungen und Customizing nicht in überschaubare, kleine Häppchen aufzuteilen, zu trennen und diese schneller testbar zu machen. Stichwort "early feedback". Viel lieber packt man sich alles in möglichst grosse Transportaufträge. Diese werden dann erst kurz vor der Testphase ins QAS System importiert. Und oftmals fängt genau da der Ärger an: Importprobleme (ja es gibt auch Abhängigkeiten zu anderen Modulen und zwar bis auf das tiefste Entwicklungsobjekt runter, Reihenfolge und Transport Überholer, Downgrade Konflikte) all das tritt halt eben erst im QAS System auf. Nun ist jedoch die Zeit bereits knapp, um noch schnell alles zu bereinigen. Saubere Testeingangskriterien – oftmals bleibt es beim Wunsch dass diese erfüllt werden.

Ratschlag und Weisheit 3 zur Arbeitsaufteilung



  • Ein Backlog mit Requirements aufbauen

  • Augenmerk auf eine einheitliche Granularität der Arbeiten für alle Beteiligten

  • Customizing und Entwicklung sauber strukturieren, Abhängigkeiten erkennen, schneiden, etc.

  • Techniken wie Prototyping, Minimum viable Product MVP einsetzen

  • Arbeit anhand der INVEST Kriterien strukturieren - mehr dazu in folgendem Blogpost: Requirements Engineering for SAP Solutions



Invest criterias


Source: Eigene Darstellung

 

Herausforderung 4: Team, Teamspirit und next Generation


Wohl das Wichtigste Thema in jeglichen Vorhaben, im Sport oder wo auch immer. Der Faktor Mensch, das Team, beides essentiell um Ziele zu erreichen.

Hierzu sind so viele Aspekte wichtig, ich werde hier lediglich auf einen Aspekt die unterschiedlichen Generationen von Mitarbeitern vertiefter eingehen.

Schauen wir uns die Vorlieben der verschiedenen Generationen in folgender Übersicht an. Auch hier zeigen sich viele Unterschiede in Bezug auf Ziele, Arbeitsweise, Wertesystem und Kommunikation, um nur einige davon zu nennen.


Generationen von Mitarbeitern


Source: Futurebiz

Rollen, im Privaten wie im Berufsumfeld seit der Steinzeit klar geregelt und oftmals noch immer dieselben gelblieben. Manchmal mit einer neuen Bezeichnung aber im Grunde sind es noch immer dieselben Rollen mit den Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen (AKV).

Warum nicht hier das Wissen der verschiedenen Generationen von Mitarbeiter anzapfen und die unterschiedlichen Sichtweisen gewinnbringend verschmelzen. Natürlich braucht es hier einen ersten Schritt, jemand muss über seinen Schatten springen, Neues annehmen, das alles ist nicht einfach und passiert auch nicht von Heute auf Morgen.

Es ist doch erstrebenswert das neue Produkt, das zu entwickelnde System oder den Service so zu bauen, wie er den zukünftigen Mitarbeitern und Anwendern den höchsten Wert bietet.

Ich ziehe hier gerne die Analogie des Piratenschiffs der Black Pearl zu. Auf einem Schiff gibt es auch nicht nur einen Captain, sondern immer ein Team, welches Hand in Hand arbeitet. Jeder auf dem Schiff hat seine Aufgaben und gemeinsam hat die Crew ein Ziel, dass es zu erreichen gilt.

 

Ratschlag und Weisheit 4 zum Team, Teamspirit und next Generation



  • Analyse der im Projekt, Vorhaben oder Betrieb involvierten Generationen von Mitarbeitern und nutzen dieses gewaltigen Potentials

  • Sich fragen, was die zukünftigen Mitarbeiter, Anwender vom Produkt, System, Service erwarten

  • Warum nicht mal neue Rollen definieren, die es vielleicht bis anhin nicht gab, aber im Projket durchaus einen Sinn und Beitrag stiften können

  • Gemeinsame Erlebnisse - bringen mehr Teamspirit und Zusammenhalt auf allen Ebenen

  • Jederzeit den Status Quo hinterfragen, was macht noch Sinn, was macht keinen Sinn mehr

  • Eine offene Feedback- und Fehlerkultur etablieren

  • Weniger "Ja, aber..." Mehr "Ja warum nicht..."



Digital Leadership Manifesto


Source: HWZ - Hochschule für Wirtschaft Zürich

 

Konklusion


Wenn Sie vor der Aufgabe stehen, das Thema Agile in SAP Projekten zu implementieren, dann denken Sie vertieft über diese Themen nach, haben Sie ein open Mindset, seien Sie ein Leader, haben Sie eine Ambition und eine starke Vision und denken Sie daran: Einmal ist immer das erste Mal!

Zusammenfassend habe ich die folgende Illustration mit den Hauptthemen dieses Blogbeitrags gezeichnet.


Zusammenfassung der Themen


Source: Eigene Darstellung

 

Ich hoffe ich konnte mit diesem einmal etwas anderen Blogpost zum Nachdenken und Inspirieren anregen.

Abschliessen möchte ich mit folgendem Zitat:

Der beste Weg die Zukunft vorherzusagen ist sie zu erschaffen.


(Peter Drucker)

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